Mehr Transparenz übers Impfen, Impfungen und Impfschäden vk 128

 
Masernimpfung im Bayrischen Rundfunk PDF Drucken E-Mail
Geschrieben von Dr. Steffen Rabe
Samstag, 14. Oktober 2006

In sämtlichen Medien finden sich derzeit zahllose Beiträge zu Impfungen, speziell zur Masernimpfung. Leider entbehren viele dieser Sendungen und Artikel der Ausgewogenheit und tragen statt dessen zur ohnehin zu beklagenden Polarisierung der Diskussion bei. Zwei besonders einseitige Magazinbeiträge sendete der Bayerische Rundfunk am 09. und 11. Oktober diesen Jahres.

Lesen Sie hier einen offenen Brief an den BR von Dr. Steffen Rabe.

Masern auf dem Vormarsch – Behörden machtlos im Kampf gegen Epidemien; report München, ARD, am 09.10. 06, 21.45 Uhr

Lebensgefährlicher Leichtsinn -  Wenn Eltern Masern-Impfungen verhindern; Zeitspiegel, BFS, am 11.10.06, 21.20 Uhr

 

Offener Brief an den Bayerischen  Rundfunk

 

Sehr geehrte Damen und Herren,


zu den zwei vom BR in dieser Woche ausgestrahlten Beiträgen zum Thema Masernimpfung möchte ich als Kinderarzt und in einem Fall als von Ihren Redakteuren interviewter „Experte“ wie folgt Stellung nehmen:


Beide Beiträge folgten dem gleichen Schema: sie beginnen mit der hochemotionalen Darstellung tragischer Einzelfälle von Masernverläufen bzw. –komplikationen (in einem Fall sogar geschnitten und dramaturgisch angereichert mit nachgestellten Szenen eines Notarzteinsatzes), so dass, da weder während dieser Szenen, noch im weiteren Verlauf der Sendung erwähnt wird, dass diese Art von Verläufen bei Masern seltene Raritäten sind, dem derart emotionalisierten Zuschauer schon zu Beginn der Sendung die Botschaft vermittelt wird: So verlaufen Masern. Hin- und hergerissen zwischen Mitleid und Angst, fällt bei ihm die  einfache, jeweils schon in der Anmoderation beider Beiträge formulierte Antwort auf die Schuldfrage sicher auf fruchtbaren Boden: Schuld an diesen beiden (und suggeriert mutmaßlich unzähligen weiteren gleich gearteten) Schicksalen sind impfkritische, ja impfmüde Eltern und das sie umgebende und unterstützende Netzwerk von Elternverbänden, Montessori- und Waldorfschulen sowie unverantwortlichen Ärztinnen und Ärzten. Dies wird im weiteren Verlauf der Sendung von entsprechenden Impfexperten auch bestätigt und gleichzeitig die Masernimpfung als unkompliziertes und risikoloses Heilswerkzeug zum Verhindern dieser schrecklichen Komplikationen dargestellt. Der Zuschauer – eben noch von einem vermeintlich existentiellen Bedrohungsszenario zutiefst verängstigt – atmet dankbar auf: wenn wir nur alle Kinder impfen, wird sicher alles gut.


Wenn es denn so einfach wäre... Leider stellt sich bei differenzierter Betrachtung die Sachlage wesentlich komplexer dar. So konnte das Mädchen aus dem ARD-Beitrag nur deshalb im Alter von 6 Monaten an Masern erkranken, weil seine Mutter diese als Kind eben nicht mehr durchgemacht hat – andernfalls hätte der in der Schwangerschaft übertragene Nestschutz den Säugling in der kritischen Phase des ersten Lebensjahres geschützt. Die zunehmende Erkrankungshäufigkeit junger Säuglinge an Masern mit deren bekannt hohem Risiko der schrecklichsten aller Masernkomplikationen, der so genannten SSPE (Subakut sklerosierende Panenzephalitis) ist doch nicht Folge der vermeintlichen Impfmüdigkeit heute, sondern unmittelbare Konsequenz unserer Impfpolitik: Kinder maserngeimpfter Mütter sind im ersten Lebensjahr eben nicht geschützt, da ihre Mütter (anders als diejenigen, die Masern in der Kindheit durchlebten), ihnen eben keinen Nest-schutz vermitteln können.


Und auch das Thema Enzephalitis ist leider keine plakative Erfolgsgeschichte der Masernimp-fung: schon vor 10 Jahren konnte nachgewiesen werden, dass in den skandinavischen Ländern die Ausrottung der Masern durch flächendeckende Impfung an der Häufigkeit von Hirnentzündungen bei Kindern nichts wesentliches geändert hat – nur das Spektrum der verantwortlichen Erreger hat sich verschoben.


Die Stereotypie, mit der die Experten in Sendungen wie den genannten die Sicherheit der Impfstoffe betonen steht in eklatantem Widerspruch zu Aussagen der Fachleute des Paul Ehrlich-Institutes (PEI), das in Deutschland ja für genau diese Sicherheit verantwortlich ist. Im Jahre 2004 veröffentlichte das PEI eine vernichtende Analyse unseres Systems der Impfstoffüberwachung, die zu dem Ergebnis kam, wir könnten – aufgrund einer völlig unzureichenden Erfassung von Impfnebenwirkungen – keine Aussagen zur Sicherheit von Impfstoffen machen. Worauf gründen dann aber die Fernsehexperten ihre Behauptungen über die Risikofreiheit zum Beispiel des Masernimpfstoffes?


All diese Fakten sind ohne größeren Rechercheaufwand öffentlich zugänglichen medizinischen Datenbanken (wie MEDLINE) zu entnehmen, die verantwortliche Redakteurin für den Beitrag am 11.10.06 wurde von mir persönlich im Gespräch ausdrücklich auf diese Dinge hingewiesen – jedoch passten derlei störende Détailinformationen offensichtlich nicht in das inhaltliche Konzept der Sendung. Das gesamte mit mir geführte Interview war lediglich ein Versuch, mir eine Äußerung zu entlocken, ich riete zum Beispiel von der Masernimpfung ab oder empfähle Masernparties (was ich beides nicht tue und was daher zu Frau Tromballas spürbarer Enttäuschung und zum amusement des Filmteams auch nicht gelang) – es ging zu keinem Zeitpunkt um die Darstellung einer differenzierten, individualisierten, wissenschaftlich fundierten Gegenposition zur von z. B. Herrn Dr. Hartmann geforderten Impfpflicht für Masern. Die von mir dann im Filmbeitrag zitierte Äußerung, den Eltern nach ausführlicher Aufklärung die Impfentscheidung (die sie allein nach deutschem Recht zu treffen befugt sind) zu überlassen und sie nicht, wie leider übliche kinderärztliche Praxis, ohne ausführliche Impfberatung zu einer konformen Entscheidung zu drängen, zu kommentieren mit den Worten „Wenn selbst der Arzt nicht hilft...“ entlarvt den gedanklichen Duktus und die Prämisse der Sendung: Unter „Hilfe für die Eltern“ wird hier offensichtlich deren Entmündigung und in letzter Konsequenz der Zwang zur offiziell gewünschten Entscheidung im Rahmen einer Impfpflicht verstanden. Bei einem so vermeintlich hehren Ziel darf man in der Wahl der Mittel offensichtlich nicht zu wählerisch sein: theatralische Emotionalisierung, das Schüren irrationaler Ängste, streng einseitige Information und das Desavouieren Andersdenkender sind hier – wohlgemerkt für Beiträge eines öffentlich-rechtlichen Senders – offenbar probate Mittel, eine individuelle, verantwortliche Impfentscheidung mündiger Eltern zu kriminalisieren und zu unterbinden.


Dies hat mit ausgewogenem, investigativem oder kritischem Journalismus nichts mehr zu tun – diese Form von manipulativer Scheuklappenpropaganda wird der wichtigen Funktion echter journalistischer Tätigkeit in einer Demokratie mündiger Bürger nicht mehr gerecht. Diese Art von Fernsehberichterstattung ist inhaltlich gleichgeschaltet mit den Veröffentlichungen einer Bundeskomission, der Ständigen Impfkommission (STIKO), deren Mitglieder zum großen Teil durch Beratertätigkeiten in der einen oder Sponsorentätigkeit in der anderen Richtung mit genau den pharmazeutischen Unternehmen verbunden sind, deren Marktwert und Umsatz sie über die Impfempfehlungen wesentlich mit bestimmen (auch dies ist öffentlich zugänglichen Quellen ohne größere Mühe zu entnehmen...). Sie macht sich zum unkritischen, willigen Werkzeug einer verfassungsrechtlich hoch umstrittenen Forderung nach einer Impfpflicht, um dem zu Unrecht unterstellten „lebensgefährlichen Leichtsinn“ ein Ende zu bereiten.


Vor allem aber lässt sie Eltern, die vor dieser schwierigen Impfentscheidung für ihr Kind stehen, allein, verunsichert, verängstigt und kriminalisiert sie. Wer, wenn nicht öffentlich-rechtliche Medien mit der ihnen eigentlich eigenen Unabhängigkeit, wäre denn berufen, ein so schwer zu überschauendes Thema zumindest ansatzweise objektiv zu beleuchten, in fairer Art und Weise kontroverse Standpunkte zur Darstellung kommen zu lassen, ja vielleicht sogar, Verflechtungen wie die zwischen der STIKO und den Impfstoffherstellern öffentlich zu machen? Gerade die Diskussion zum Thema Impfen leidet seit Jahren unter einer unerträglichen Polarisation von beiden Seiten aus. Eine Rundfunkanstalt wie der BR sollte das Erstgeburtsrecht einer wirklichen kritischen Beleuchtung einer so komplexen Materie nicht für das Linsengericht billiger Effekthascherei verkaufen.

 

Dr. med. Steffen Rabe

Facharzt für Kinderheilkunde & Jugendmedizin